Im November 2025 hatte ich die Möglichkeit, ein Tasting beim Whiskykoch zu ergattern. Hier sind die Plätze immer schnell weg und ich bin nur durch Zufall rein gerutscht.
Im Fokus standen an dem Abend Whiskys vom unabhängigen Abfüller The Whisky Chamber. Es ist natürlich perfekt, wenn das Gesicht dahinter – Thomas B. Ide – an dem Abend auch dabei ist und für Fragen und Empfehlungen mit Rat und Tat zur Seite steht.
Es gab sechs Samples aus einer Auswahl von 26 Whiskys zu verköstigen. Was mir natürlich gefallen hat war, dass hier bereits für jeden drei Nosing-Gläser bereit standen. Ich liebe das ja, denn so kann man mehrere Whiskys gegeneinander verriechen und verkosten.
Die Auswahl war für mich – ich muss es zugeben – einfach überwältigend. Der „schwächste“ Kamerad hatte 53,3%, sonst lagen die anderen locker bei 57-58%. Bei allen stach überhaupt kein Alkohol in irgend einer Weise unangenehm hervor. Im Gegenteil, in der Nase empfand ich die meisten, die ich probiert habe, als äußerst zurückhaltend. Dafür gab es dann mehr als einmal eine Geschmacksexplosion. Meine Whiskys im Glas:
Tomatin 2008 16 Jahre Madeira, 58,9%
Linkwood 2011 13 Jahre PX Sherry, 57,9%
Ben Nevis 2012 12 Jahre PX Sherry 55,1%
Balmenach 2012 13 Jahre Oloroso 53,3%
Fettercairn 2011 14 Jahre Oloroso 55,1%
Teaninich 2011 14 Jahre Oloroso 55,1%
Die Qualität der Whiskys merkt man einfach, da war keiner dabei, der unrund war. Naja, einer aus versehen, der nach Kleber roch, aber das war ein versehen – hier ist wohl die komplette Charge in der Flasche gekippt und sollte gar nicht raus gehen.
Die einzelnen Whiskys zu beschreiben fällt mir tatsächlich schwer. Ich hatte in letzter Zeit kaum Alkohol getrunken, vielleicht fehlt mir aktuell einfach etwas Übung? Aber ich schiebe das auf einen ganz anderen Umstand: Die Whiskys haben so viel Potential und entwickeln sich mit der Zeit im Glas und diese Zeit war einfach nicht gegeben. Ich spreche nicht davon, dass irgendwie durch das Tasting gehetzt wurde – im Gegenteil, es war ein sehr entspannter und gemütlicher Abend. Vielmehr könnte man sich mit einem (ok, dann bitte gut eingeschenktem) Whisky den ganzen Abend befassen. Probieren, ein Tröpfchen Wasser dazugeben, stehen lassen. Warten. Probieren. Warten. Naja, usw.
Der Tomatin war zuerst im Glas und den habe ich am längsten ruhen lassen, was ich auch gemerkt habe. Besonders im Geruch legt der mit der Zeit sukzessiv zu. Im Geschmack merkt man die hohen Prozente nicht. Gefährlich! Aber das war auch wieder bei allen Kameraden so. Hoher Alkoholgehalt, dezenter Geruch, nicht sprittig und unverdünnt problemlos trinkbar. Der Whisky geht tatsächlich in die Richtung „englische Drops, Biskuit und Shortbread“, aber nach meinem Empfinden sehr zart und zurückhaltend. Ich bin mir sicher, mit etwas mehr Zeit (noch mehr) und vielleicht auch noch ein paar Tropfen Wasser dürfte das noch intensiver werde.
Den Linkwood hatte ich mir ausgesucht, weil auch hier eine Note von „Sherry, Toffee und schweren Obstnoten“ dabei sein sollte, also in die Richtung vom Tomatin gehend. Auch das würde ich so unterschreiben.
Als nächstes lächelte mich der Ben Nevis an. Hier wieder Sherry und dunkle Beeren, das kommt hin und dieses mal auch intensiver. Schöner Tropfen.
An der Stelle gab es in der Halbzeit eine kleine Pause und die wirklich leckere – ich sag‘ mal Kürbissuppe mit Wurzelgemüse und Tandori? – half, die Palette wieder zurückzusetzen.
Nach einem netten Gespräch mit Thomas Ide habe ich mir dann einen ähnlichen Whisky empfehlen lassen: den Balmenach und ja, auch die Empfehlung war gut, Sherry und dunkle Beeren auch hier, aber halt etwas anders.
Ich bleibe bei Sherry, Kirsche dunkeln Beeren und Schokolade und probiere den Fettercairn. Mist, so viele schöne Whiskys und so wenig Zeit *seufz
Letzter „offizieller“ Whisky war dann der Teaninich. Allein die Beschreibung „Eine leichte Rauchnote – woher auch immer“ machte mich neugierig. Auch schön und wie immer der running Gag an dem Abend: eigentlich müsste man sich hier deutlich mehr Zeit nehmen.
In der geselligen Runde wurden die Whiskys auch einmal im Glas herumgereicht, so dass es noch ein paar weitere waren, die ich verkosten konnte. Der Pòg an Dragon (Straoisha, 2014, 10 Jahre Ruby Port 56,7%) war definitiv fein. Auch sehr schön der Glen Garioch (2011, 13 Jahre Bourbon Cask 54,3%) mit schönen Anklängen an Apfel und Mirabelle (gibt’s aber noch nicht zu kaufen).
Mein Fazit: Sehr netter Abend, wieder einmal ein anderer Aufbau eines Whiskytastings, nette Gespräche – würde ich definitiv wieder machen. Die Qualität vom Whisky steht außer Frage, ich denke der Preis (im Schnitt für 72,-€ / 0,5l) ist für die Qualität und die kleine Auflage angemessen. Es gab auf dem Papier 19 der Whiskys zu kaufen, wobei sich der Verkaufstisch schnell leerte. Für mich tatsächlich etwas besonderes und weit vom Daily Dram entfernt.
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